Änderungen in der Arbeits- und Migrationsgesetzgebung. Was müssen deutsche Unternehmer, die in Russland arbeiten, wissen?

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Ausländische Unternehmer, die ihre Geschäftstätigkeit in Russland ausüben, lenken eine große Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die zivil- und steuerrechtlichen Bestimmungen, die sie mit den wichtigsten Verwaltungs- und Finanzentscheidungen verbinden. Jedoch sind auch die Arbeits- und Migrationsgesetzgebung nicht zu vergessen, da diese Regelungsbereiche durch genug harte Forderungen an die Parteien der Arbeitsverhältnisse gekennzeichnet sind und sich in diesem Sinne wesentlich von der Zivilgesetzgebung unterscheiden.

Arbeitsgesetzgebung

Die Arbeitstätigkeit darf in Russland nur aufgrund eines Arbeitsvertrags ausgeübt werden. Der Abschluss der zivilrechtlichen Verträge, die in der Wirklichkeit die Arbeitsverhältnisse regeln, ist verboten. Der Arbeitsvertrag soll unbedingt schriftlich abgeschlossen werden. Die Anforderungen an den Inhalt des Arbeitsvertrags (seine obligatorischen Regelungen) sind im Arbeitsgesetzbuch der Russischen Föderation und in einigen anderen gesetzlichen Akten festgelegt. Wenn die Staatliche Arbeitsinspektion Verletzungen im Inhalt der Arbeitsverträge feststellt, können dem Arbeitgeber und seinen Dienstpersonen die Ordnungsstrafen auferlegt werden.

Das Mindestgehalt beträgt zur Zeit Rubel 7.800 (~ Euro 115) pro Monat in Russland und Rubel 17.642 (~ Euro 252) in Moskau. Das Gehalt soll in russischen Rubeln ausgezahlt werden, wobei es verboten ist, die Gehaltshöhe des Arbeitnehmers an die ausländische Währung (zum Beispiel, Euro) zu knüpfen. Das Gehalt soll jeden Halbmonat nicht später als 15 Tage nach Abschluss der Periode, für die das Gehalt berechnet wurde, gemäß den Änderungen im Art. 136 der Arbeitsgesetzgebung der Russische Föderation, die am 3. Oktober 2016 in Kraft getreten sind, ausgezahlt werden. Es bedeutet zum Beispiel, dass der Arbeitnehmer sein Gehalt im Oktober in voller Höhe spätestens am 15. November erhalten soll.

Gleichzeitig wurde die Haftung des Arbeitgebers für den Verzug der Lohnzahlung erhöht. Zur Zeit beträgt sie 1/150 des Schlüsselzinses der Bank der Russischen Föderation (8,5%) vom Verschuldungsbetrag gegenüber dem Arbeitnehmer für jeden Verzugstag. Außerdem beträgt die Ordnungsstrafe für juristische Personen für die nicht termingerechte Lohnzahlung jetzt Rubel 30.000 - 50.000 (Euro 430 – 715).

Die Änderungen, die in der russischen Arbeitsgesetz- und Zivilprozessgesetzgebung im Jahr 2016 vorgenommenen wurden, haben auch das Verfahren der Verhandlung von individuellen Arbeitsstreitigkeiten zwischen dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber beeinflusst. Individuelle Arbeitsstreitigkeiten werden in Russland von den Kommissionen für Arbeitsstreitfälle, die aus den Mitarbeitern der Organisation (Gesellschaft) gebildet werden, sowie von ordentlichen Gerichten (Bezirksgerichten) verhandelt. Dabei werden die Streitfälle in den meisten Fällen beim Gericht verhandelt, weil die Kommissionen für Arbeitsstreitigkeiten lediglich in einer kleinen Anzahl der Organisationen (Gesellschaften) gebildet wurden und diese kein obligatorisches vorgerichtliches Organ bei der Beilegung der Streitigkeiten ist. Außerdem können individuelle Arbeitsstreitigkeiten seit dem 1. September 2016 nicht mehr beim Schiedsgericht verhandelt werden.

Der Arbeitnehmer kann jetzt eine Wiedereinstellungsklage spätestens einen Monat nach Erhalt seines Arbeitsbuches oder der Kopie der Entlassungsanordnung, eine Klage über die Beitreibung des rückständigen Lohnes ein Jahr nach Eintritt des Fälligkeitsdatums für die Lohnzahlung (diese Regelung ist seit dem 3. Oktober 2016 gültig) beim Gericht einreichen sowie andere Forderungen im Zusammenhang mit den Arbeitsverhältnissen drei Monate nach dem Tag, an dem der Arbeitnehmer über die Verletzung seines Rechtes erfahren hat oder erfahren sollte, beim Gericht stellen. Der Arbeitgeber kann eine Klage gegen den Arbeitnehmer über den Ersatz des vom Arbeitnehmer verursachten Schadens ein Jahr nach dem Tag der Feststellung des Schadens stellen.

Grundsätzlich ist die Klage beim Gericht am Sitz der beklagten Partei oder am Ort der Vertragserfüllung einzureichen (wenn solcher Ort im Arbeitsvertrag angegeben ist). Jedoch haben die Arbeitnehmer seit dem 3. Oktober 2016 ein Recht erhalten, eine Klage beim Gericht an ihrem Wohnsitz zu erheben, was bestimmte Schwierigkeiten bei ihren Arbeitgebern schafft. Gemäß der letzten Rechtsprechung des Obersten Gerichtes der Russischen Föderation ist die unmittelbare Festlegung der Gerichtszuständigkeit im Arbeitsvertrag im Einvernehmen der Vertragsparteien außerdem gesetzwidrig.

Die Analyse der aktuellen Rechtsprechung zeigt, dass schwangere Frauen in Arbeitsverhältnissen besonders geschützt sind. Es ist verboten, sie auf Initiative des Arbeitgebers zu kündigen (eine Ausnahme bildet der Fall der Liquidation der Organisation (Gesellschaft)). Außerdem können schwangere Frauen sogar nach Kündigung, die im Einvernehmen der Vertragsparteien oder auf eigenen Wunsch der Arbeitnehmerin stattgefunden hat, wieder eingestellt werden.

Migrationsgesetzgebung

Ausländische Staatsbürger können die Arbeitstätigkeit auf dem Territorium der Russischen Föderation nur beim Vorhandensein der Arbeitserlaubnis ausüben. Dabei hat es keine Bedeutung, ob sie beim Unternehmen, das nach russischem Recht gegründet wurde, oder an der Repräsentanz (Filiale) der ausländischen Gesellschaft (juristischen Person), die nach dem Recht eines anderen Staates gegründet wurde, angestellt werden. Im Jahr 2015 wurde das gesonderte Kapitel, das die Besonderheiten der Arbeit ausländischer Staatsbürger regelt, ins Arbeitsgesetzbuch der Russischen Föderation aufgenommen.

Zugleich können besondere Anforderungen an einzelne ausländische Staatsbürger gestellt werden, z.B. seit dem Januar 2016 bis Mai 2017 bestand das Verbot auf die Einstellung der Staatsbürger der Türkei (zur Zeit wurde dieses Verbot aufgehoben) oder das vereinfachte Verfahren kann eingeführt werden, zum Beispiel für die Staatsbürger der Länder, die sich an das Abkommen über die Euroasiatische Wirtschaftsunion angeschlossen haben.

Das Innenministerium der Russischen Föderation (die Migrationsverwaltung beim Hauptdepartment des Innenministeriums der Russischen Föderation) erteilt Arbeitserlaubnisse seit dem April 2016. Dem Innenministerium der Russischen Föderation wurden entsprechende Befugnisse des liquidierten föderalen Migrationsdienstes eingeräumt.

Jährlich setzt die russische Regierung Quoten für die Anzahl der Arbeitserlaubnisse, die an ausländische Staatsbürger erteilt werden, fest. So beträgt die Quote für die Erteilung der Arbeitserlaubnisse an ausländische Staatsbürger für 2017 lediglich 177.043 Stück. Diese Anzahl der Arbeitserlaubnisse wird nach den Subjekten der Russischen Föderation unterteilt. In der Regel wird die größte Anzahl der Arbeitserlaubnisse im Rahmen der Quote an die Personen, die im Bauwesen tätig sind, ausgestellt.

Die Quote erstreckt sich auf die Arbeitserlaubnisse, die gemäß dem «Standardverfahren» ausgestellt werden. Die «standardmäßige» Arbeitserlaubnis wird für die Frist bis 1 Jahr erteilt, für denselben Zeitraum wird ein Arbeitsvisum ausgestellt. In der Arbeitserlaubnis werden immer eine konkrete Region oder einige Regionen angegeben, wo der ausländische Staatsbürger die Arbeitstätigkeit ausüben darf. Die Arbeit außerhalb der in der Arbeitserlaubnis angegebenen Regionen ist untersagt.

In den letzten Jahren wird die Erteilung der Arbeitserlaubnisse an ausländische Staatsbürger für die Arbeit als hochqualifizierter Spezialist (HQS) in die Praxis eingeführt, was für viele Unternehmen bequemer ist als Beantragung einer «standardmäßigen» Arbeitserlaubnis. Der Hauptvorteil der Arbeitserlaubnis für HQS besteht darin, dass sie für die Frist bis 3 Jahre erteilt wird, auch wird ein Arbeitsvisum für mehrmalige Einreisen des HQS für dieselbe Frist ausgestellt. Hochqualifizierte Spezialisten und ihre Familienangehörigen können gemäß dem vereinfachten Verfahren eine ständige Aufenthaltsgenehmigung in Russland für die Gültigkeitsfrist des Arbeitsvertrags erhalten. Ihre Familienangehörigen dürfen auch eine Arbeitserlaubnis außer der festgesetzten Quoten erhalten, Wohnsitz in Russland haben und an Bildungseinrichtungen in Russland lernen bzw. studieren.

Eine der Hauptforderungen für den Erhalt der Arbeitserlaubnis für den HQS ist die Höhe des Gehalts. Das Monatsgehalt des HQS soll mindestens Rubel 167.000 (~ Euro 2.400) vor dem Abzug der Einkommensteuer für natürliche Personen (brutto) betragen.

Jeder ausländische Arbeitnehmer soll eine Police der freiwilligen Krankenversicherung haben, die in Russland oder im ausländischen Staat abgeschlossen wird, unter der Bedingung, dass diese Versicherungspolice auf dem Territorium der Russischen Föderation gültig ist und die primärärztliche Versorgung und die spezialisierte dringliche medizinische Betreuung gewährleistet. Der ausländische Staatsbürger darf die freiwillige Krankenversicherung selbst abschließen, oder sein Arbeitgeber kann die Kosten für die Krankenversicherung des Arbeitnehmers übernehmen.

Strafe und Ausweisung aus Russland

Es ist Folgendes zu berücksichtigen: ausländische Staatsbürger, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland in russische Regionen einreisen, in denen die Fußballspiele der Fußballweltmeisterschaft im Zeitraum vom 25. Mai 2018 bis zum 25. Juli 2018 stattfinden, sollen innerhalb von 24 Stunden nach ihrer Ankunft am Aufenthaltsort in Russland erfasst oder an ihrem Wohnort angemeldet (registriert) werden.

Für die Verletzung der Migrationsgesetzgebung werden hohe Geldstrafen über die Arbeitgeber – juristische Personen verhängt. (In Moskau und Sankt-Petersburg betragen die Strafen bis Rubel 1 Mio / ~ Euro 14.300 Euro). Neben der Verhängung der Strafe können ausländische Staatsbürger aus dem Land ausgewiesen werden, und ihnen kann die Einfahrt in die RF für einige Jahre verboten sein.

In der letzten Zeit gibt es eine Tendenz zur Verschärfung der Verantwortung der Arbeitgeber und ausländischer Staatsbürger für die Verletzung der gesetzlichen Vorschriften bei der Ausübung der Arbeitstätigkeit (Einige Gesetzentwürfe wurden zur Zeit im russischen Parlament zur Erörterung unterbreitet).

Es ist zu berücksichtigen, dass gemäß dem Schreiben des Arbeitsministeriums der RF Nr. 17-3/B-292 vom 27. Juli 2016 der Abschluss des Vertrags über die Fernarbeit zwischen der Organisation (Gesellschaft) mit dem Sitz in Russland und dem ausländischen Staatsbürger, der sich auf dem Territorium eines ausländischen Staates aufhält, nicht gestattet ist. Es ist in diesem Fall lediglich möglich, einen zivilrechtlichen Vertrag abzuschließen.